Andi Friesinger, Freelance-Ingenieur für Produktentwicklung, fliegt seit 2016, primär XC. Da das Wetter ihm auch nach einigen Jahren intensiver Fliegerei immer noch Kopfzerbrechen bereitet, hat er kurzentschlossen ein Meteorologiestudium hinten drangehängt.
„Welcher Pilotentyp seid ihr“? war die Einstiegsfrage von Andi ans 45-köpfigem Auditorium. Vom lokalen Abgleitpiloten bis zur streckenhungrigen XC-Maschine saß alles im Gasthaus. „Wie fällen wir unsere Flugentscheidung?“ war die zweite. Fazit: Oft verlassen sich die Piloten auf die Einschätzung anderer.
Warum ist das ein Problem, sich auf andere zu verlassen? Weil das Wetterbriefing unser Safety Tool ist. Es ist wichtig, dass wir den Flugwunsch vom Wetter trennen und dass der Pilot entscheidet, ob das vorherrschende Wetter zu seinen Skills passt!
Andi erläuterte die typische europäischen Großwetterlage. Isobaren, Hochs und Tiefs, wie diese sich über den Wind ausgleichen und wie die unterschiedlichen Fronten funktionieren. Nach der Warmfront kommt der Warmsektor, der noch fliegbar sein kann. Aber – Obacht! Die Kaltfront mit ihrer Böenwalze kann mit bis zu 70km/h gleich hinter dem Warmsektor kommen; die Zeitdauer ist hierbei abhängig von der Größe des Winkels zwischen den beiden Fronten sowie der Entwicklungsgeschwindigkeit.
Holt die Kaltfront die Warmfront komplett ein, haben wir es – O-Ton Andi: „Mit der Bitch aller Fronten zu tun“, der Okklusion. Man weiß oft nicht genau was sie macht und ob sie eher Kalt oder Warmfrontcharakter hat.
Die nächste Umfrage lautete „Bis wieviel Hektopascal Druckdifferenz geht ihr noch fliegen“? Die Fliegergemeinschaft war sich einig: bis 4 Hektopascal passt das schon. Daher wurde die Differenzdruck in den Fokus genommen und diskutiert. Wann hat es Föhn? Wo misst man den Differenzdruck für welches Fluggebiet? Was bedeutet Föhndurchbruch, wie tief kommt der Föhnwind herunter? Wird der Durchbruch nur am Boden gefährlich? Nein natürlich nicht, alles dazwischen ist gefährlich. Föhn ist tricky und wenn er einen beim Fliegen erwischt, kann es sehr unschön werden. Wer keine lokalen Kenntnisse hat, sollte doppelte Vorsicht walten lassen, weil man eben nicht weiß, wie hoch oder wie tief es pfeift.
Anhand von XC Therm wurde gezeigt, wo man Föhnschneisen gut erkennen kann.
Weitere Erkenntnisse zu Wind:
- Wenn in den über der Höhe verteilten Schichten ein großer Unterschied an Windgeschwindigkeiten herrscht (Windscherungen), entsteht daraus Turbulenz.
- Die Abwinde von Thermiken können auch den starken Wind höherer Schichten nach unten saugen, auch dies führt zu Turbulenzen.
Was brauchen wir noch zum Fliegen? Richtig, da war ja noch was: Thermik. Wo können wir Thermikprognosen in Erfahrung bringen und welcher Anbieter verwendet welches Terrain-Modell für seine Vorhersagen? Prinzipiell sind die hinterlegten Modelle noch sehr grob, die Alpen sind lediglich als eine Glocke hinterlegt. Es gibt jedoch Tools, die haben für gewisse Bereiche eine getuntes/detaillierteres Terrain und von daher auch eine bessere Thermikprognose.
Wie sollte nun also unsere Wettercheckliste aussehen, bevor wir zum Fliegen gehen?
- Großwetterlage checken: Habe ich es aktuell oder bald mit einer Front zu tun? Und somit mit Wolken oder gar Regen
- Wind prüfen: Richtung, Abstand der Isobaren, Obacht hier wird nur der Bodenwind gezeigt. Also auch Wind am Startplatz und in der Höhe checken.
- Thermikprognose anschauen: In welchem Gebiet werde ich fliegen, welches Tool kann mir hier die beste Prognose liefern.
- Einen Textwetterbericht lesen: Da in diesem oft Details und Zusammenhänge beschrieben sind, die teilweise in Karten für Laien schwierig zu lesen sind. Beispiele hier sind Austro Control oder die 3 Tages Prognose vom DWD
Zu guter Letzt wurden die Vorhersage-Modelle angerissen: Nehme ich das Modell
- ECMWF (European Centre for Medium-range Weather Forecast) oder
- ICON-D2 (Icosahedral non‐hydrostatic)des DWD?
ECMWFs Aufgabe sind Wettervorhersagen, die mit bis zu 14 Tagen in die Zukunft reichen. Also ein sehr grobes Modell, welches sich eignet, um mittelfristige Großwetterlagen zu beschreiben. ICON-D2 ist ein Modell mit einem sehr kleinen Raster, welches gewählt werden sollte, wenn man an einer Punktvorhersage für ein bis zwei Tagen in der Zukunft interessiert ist.
Ein sehr fundiertes und kurzweiliges Seminar nahm nach ca. vier Stunden sein Ende mit vielen interessanten Aspekten, neuen Erkenntnissen und den finalen Fragen der mit neuem Wetterinput gefüllten Pilot*innen, die von Andi gerne auch noch beantwortet wurden.
Die Ostallgäuer Gleitschirmflieger*innen sagen DANKE lieber Andi Friesinger, das war eine tolle Veranstaltung!
Andis empfohlene Wetterlinks für unseren Bereich findet ihr mit Klick auf diesen Link.
Gute Flüge wünscht der OAL-GS e.V.